(T)ERROR

Mediale Interventionen im Raum

7. bis 9. November 2014

Sebastian Bausdorf | Antje Braunert | Nicolas Ewert | Alexander Friedrich Konstantin Friedrich | Theresa Hellmoldt | Christopher Karbach | Riza Dogus Kaya Kevin Kelsch | Sina Klarhölter | Svenja Kohlmann | Thimo Kortmann Tobias Langer | Lien Le Thi | Aline Reichert | Meggy Rentsch | Leon Ropeter Florian Schober | Jan-Mark Weddeling | Sebastian Welzel | Tobias Witt

Studierende verschiedener Richtungen der Fakultät Gestaltung an der HAWK Hildesheim haben im Projekt „Mediale Räume“ des Kompetenzfeldes Digitale Medien über medientheoretische Reflexionen und Fragestellungen zu Datensicherheit- und Kontrolle unterschiedliche Visualisierungskonzepte erarbeitet. Nach der Konzeptions- und Entwicklungsphase werden ihre Fragestellungen und Überlegungen zum Thema im Hildesheimer Kunstverein Via113 in der multimedialen Präsentation unter dem Titel(T)ERROR vom 7. bis 9. November 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Eröffnung: Freitag, 7. November 2014, 19 Uhr
Samstag und Sonntag von 11 bis 19 Uhr geöffnet.

Kunstverein Via 113
Kleine Venedig 1a
D - 31134 Hildesheim
Tel. 0172 418 46 59

www.via113.de

Ausstellungskonzept: Studierende der Fakultät Gestaltung an der HAWK, Hildesheim
Kuration: Alexander Steig
Mitarbeit: Michael Helmbrecht

(T)ERROR
Einführende Worte zur Ausstellungseröffnung von Alexander Steig

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,

im Namen von Michael Helmbrecht und meiner Person, Alexander Steig, begrüßen wir Sie ganz herzlich im Kunstverein Via113 zum intermedialen Ausstellungsprojekt (T)ERROR, das von Studierenden der Fakultät Gestaltung an der HAWK Hildesheim im SoSe 14 in unsrem Seminar Mediale Räume konzipiert und nun umgesetzt wurde.

Der Titel der Ausstellung gibt die Lesart vor: T ERROR. Ein Fehler im System, eine Abnormität, etwas, das nicht der Regel entspricht, kann in unsrer mehr und mehr digitalisierten Gesellschaft schwerwiegende Folgen haben. Ob es sich dabei um die Fehlinterpretation von Sattelitenbildern oder eines Mailverkehrs im digitalen Raum handelt, die Auswirkung medialer Kontrollmechanismen können ganz physisch-analoge Konsequenzen im realen Raum haben. Julian Assange sitzt in London in einer Botschaft fest, Edward Snowden in Russland. Und wir werden vielleicht bald unfreiwillige Zeugen einer digitalen Erfassung unsrer Kfz-Kennzeichen, um als Mautpreller entlarvt zu werden... aber darüber hinaus, um unsre Mobilität nachzeichnen zu können.

Die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem medialen Raum und seiner Darstellbarkeit im realen Raum sowie der Fragestellung nach Sicherheit und Kontrolle vs. Autonomie und Intimität haben die Studierenden im Kompetenzfeld Digitale Medien in Gestalt verschiedener Arbeiten gesucht. Dabei sind 6 unterschiedliche Inszenierungen entstanden, die die Vielfalt des Themas aber auch der Ansätze reflektieren. Und die für die jeweilige Raumsituation ortspezifisch, also site-specific arrangiert worden sind.

Ein kurzer Rundgang soll Ihnen helfen, die Choreografie der Ausstellung nachzuvollziehen:

Beginnen wir im Keller des Hauses; hier können Sie Zeuge eines Verhörs, wie es scheint, werden. Durch eine verschlossene Tür vernimmt man Stimmen und Geräusche. Und nun? Was geht da vor sich? Eindringen, helfen und aufklären? Oder lieber schnell den Ort verlassen, nach dem Motto, was geht mich das an. Wir werden dieser Situation im Ausstellungsverlauf nochmals transformiert begegnen

Geht man nun ins EG, begegnet einem die raumgreifende Intervention SALIX BABYLONICA von Lien Le Thi und Sebastian Welzel. Wie eine Trauerweide hängen Blätter an Ästen herab. Geht man näher heran und liest die Blätter, fällt auf, dass wir dem digitalen Selbst des Produzenten auf die Spur kommen können. Spuren der Netzbewegung als Rauschen im Blätterwald, eine doppelbödige poetische Geste mit hintergründigem Ansinnen. Und, um ein anderes Motiv zu bemühen, dieser Baum der Erkenntnis wäre wörtlich und nicht als Metapher zu verstehen...

Im Raum dahinter findet sich die 2 Kanal-Videoinstallation JA/NEIN (0100101001000001/01001110010001010100100101001110) von Florian Schober, Nicolas Ewert, Christopher Karbach, Leon Ropeter und Tobias Langer. Dort wird der Zuschauer mit 2 Personen konfrontiert, die eine nennt Argumente für, die andere gegen mediale Kontrolle. Und Sie müssen sich entscheiden. Dient die Vorratsdatenspeicherung der Sicherheit oder ist der Preis für massenhafte Erfassung digitaler Spuren zur Terrorbekämpfung zu hoch?

Auf dem Weg zur Toilette, ja, auch dieser gewissermaßen Unort hat eine mediale Aufladung erfahren, zeigt Thimo Kortmann die 2teilige Arbeit KLO2

Man an könnte sagen, die Notdurft als existentielles Grundbedürfnis eint alle Menschen. Dafür sucht man den Rückzug, der einem hier aber nur bedingt vergönnt wird. Vielmehr werden wir zu unfreiwilligen Beobachtern andere Aborte aus der Probantenperspektive. Die Aufnahme bzw. Wiedergabe kann uns zu der Überlegung veranlassen könnte, ob 1. kein Ort mehr vor medialer Besitznahme verschont wird und 2. warum nicht, sendet man doch durchaus mal eine Mail von dort oder schaut, was in der weiten Welt so passiert.

Im OG des Hauses sieht man einen Schreibtisch, darauf eine Laptop und Kopfhörer. Sehen Sie selbst, was passiert, wenn Sie die Kopfhörer aufsetzen und einen Blick auf dem Bildschirm werfen wollen. Und werden Sie erneut Zeuge des im Keller vernommenen Verhörs. Die Arbeit WIE WEIT WÜRDEST DU GEHEN? von Jan-Mark Weddeling, Kevin Kelsch und Tobias Witt treibt ein Spiel mit Bilderwartungen und bettet dieses in das tragisch-brutale Szenario einer Verhörsituation ein, von der man denken darf, dass sie ohne rechtstaatlichen Rahmen durchgeführt wird. Guantanomo 2.0 könnte man zynisch sagen. Ferner schiebt sie durch die Verortung von Keller und OG die scheinbare Realität in den medialen Raum und zwingt uns, über diese Verschränkung und ihre Folgen nachzudenken.

Ein weiter Raum scheint leer, ein Tisch und 2 Stühle... Musik erschallt aber aus dem Raum dahinter. Nur ein Vorhang trennt uns von der Musik... betritt man den lichtlosen Bereich, steht man mitten in der audiovisuellen Inszenierung „Ich höre was was Du nicht siehst“ von Aline Reichert, Antje Braunert, Svenja Kohlmann und Theresa Hellmoldt. Ein eigens für die Arbeit komponiertes und eingespieltes Lied, Titel: RAISE, dessen Text in englischer und deutscher Fassung nachzulesen ist, nimmt Sie in der Dunkelheit auf eine akustische Reise mit. So fröhlich die Melodie klingt, so dystopisch ist der Inhalt. Hier wird musikalisch ein kritischer Klangraum eröffnet, flankiert von einer Lichtsetzung, deren Skala von beunruhigend bis schmerzhaft reicht und den Betrachter in Kontrasträume nötigt, die er ansonsten umgehen oder gar leugnen könnte.

Die abschließende Arbeit SECRETSOFA von Meggy Rentsch, Riza Dogus Kaya, Sebastian Bausdorf und Alexander und Konstantin Friedrich ist zunächst die unauffälligste Einlassung auf das Thema und entfaltet ihre enorme Fallhöhe erst am heimischen Rechner, sofern man sich auf das Angebot einlässt und eine Visitenkarte der 5 Gestalter mitnimmt. Mehr sei hier nicht gesagt, soll doch das Geheimnis gewahrt werden, wir wollen ja nicht zu Whistleblowern werden... www.secretsofa.de

Und last but not least muss Sina Klarhölters Gestaltung der Einladungskarte erwähnt werden, fasst der Titel und die Visualisierung eines Glitches, des Bildes einer fehlerhaften Datei, doch treffend die vielseitigen Ausrichtungen der Exponate schlüssig zusammen.

Nun wünschen wir Ihnen angenehme aber auch unbequeme Unterhaltung, gehen Sie ins Gespräch mit den jungen Gestaltern, erfrischen Sie sich bei einem Glas, und bleiben Sie ... wachsam...

Vielen Dank!

 

HAZ. 7. November 2014

 

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